Zart Besaitet. Selbstverständnis, Selbstachtung un

Parlow, Georg:
Zart Besaitet. Selbstverständnis, Selbstachtung und Selbsthilfe für hochsensible Menschen

Festland, 2003, 2. Aufl., 978-3-9501765-0-6, br.,
247 S., € 21,50. inkl. gesetzl. MwSt.

Selbstachtsamkeit in einer unsensiblen Welt

In seinem autobiographisch geprägten Buch „Als ich ein kleiner Junge war“ schreibt Erich Kästner an einer Stelle, dass er zu der Sorte Mensch gehöre, die sich eigentlich nie langweile, sondern stundenlang in die Beobachtung eines Marienkäfers an der Wand vertieft sein könne. Der Leser schmunzelt, hat vielleicht einen Mann vor Augen, der sich leicht faszinieren lässt oder auch nur etwas einfacher gestrickt ist. Vielleicht offenbart der Schriftsteller hier aber auch einen viel tiefer liegenden Wesenszug, als man vermuten könnte: Vielleicht gehörte Erich Kästner zu der Gruppe der Hochsensiblen, zu der Gruppe jener, die für ihre optimale geistige Anregung nur wenig Input brauchen, weil sie viel detaillierter wahrnehmen, mit allen Sinnen intensiv die Welt um sich herum aufnehmen.
Mit dem Phänomen der Hochsensibilität setzt sich der Autor Georg Parlow in seinem Buch „Zart Besaitet“ auseinander. „Selbstverständnis, Selbstachtung und Selbsthilfe für hochsensible Menschen“ lautet der Untertitel des Buches, das 2003 in der 2. Auflage erschienen und vermutlich bis heute das Standardwerk zum Thema ist.
Man kann sich die Frage stellen, ob es tatsächlich Sinn macht, so etwas wie Hochsensibilität derart zu thematisieren: Es gibt sensible Menschen und es gibt weniger sensible – reicht es damit nicht?! Muss das jetzt noch künstlich aufgeputscht werden? Direkt in der Einleitung des Buches gibt Georg Parlow darauf eine Antwort: Dass es einen Unterschied im Erleben und Empfinden von Menschen gibt, weiß man – theoretisch! In der Praxis wird dies aber gerne ignoriert, weil es einfach ist, praktischer und zeitgemäßer: Vor allem im Beruf gilt, wer dabei bleiben will, muss mithalten, Vergleichen standhalten können.
Dabei ist Hochsensibilität keinesfalls eine neue Mode-Erscheinung unserer Zeit. Schon C.G. Jung hat sich mit Erscheinungsformen und Symptomen von Menschen beschäftigt, die er zwar nicht als hochsensibel bezeichnet hat – bei ihm hieß es introvertiert --, gemeint war aber das Selbe: Die „tiefe und sensible Beziehung zu Stimuli“ – und das in sensorischer, gedanklicher und emotionaler Hinsicht.
Im ersten Teil des Buches beschreibt der Autor ausführlich die (Wesens-)Merkmale, die typisch sind für hochsensible Menschen, wobei die Ausprägungen bei jedem Betroffenen unterschiedlich sein können. Zunächst sind es die starken Reaktionen auf Außenreize, auf Geräusche und optische Eindrücke aus der Umgebung, auf Temperaturnuancen, auf die Luftqualität. Hochsensible Menschen haben hier eine ausgesprochen niedrige Toleranzgrenze. Schneller und empfindlicher als andere Menschen reagieren sie auf Lärm, Hitze oder Kälte oder dissonante Farbkombinationen.
Ebenso sensibel nehmen sie aber auch ihre soziale Umwelt auf. Spannungen zwischen Arbeitskollegen, ein kritischer Blick der Freundin, die Sorgenfalten eines Passanten. Bestimmte Signale im sozialen Miteinander sind häufig so extrem subtil, dass sie von vielen Personen übersehen, überhört, schlicht nicht empfangen werden. Hochsensible Menschen scheinen hier jedoch ein besonders feines Gespür zu besitzen. Das macht sie zu guten Seelentröstern, verschafft ihnen im alltäglichen Beziehungsnetz eventuell auch Vorteile, weil Situationen besser eingeschätzt, Verhalten besser angepasst werden kann.
Nicht selten bedeutet die Hochsensibilität jedoch eine starke Last für die Betroffenen. Der normale Alltag beinhaltet so viele Eindrücke und Informationen. Weniger sensible Menschen schaffen es problemlos die Fülle an Reizen zu kanalisieren, für sie Unwichtiges zu ignorieren oder gar nicht erst wahrzunehmen. Hochsensible hingegen geraten schnell an die Grenzen ihrer Belastbarkeit, fühlen sich überfordert oder – was noch schlimmer ist – halten sich selbst für unnormal und minderwertig, weil sie geistig schneller überstimuliert sind.
Gerade solche Menschen, deren erste Schwierigkeit darin besteht, die eigene Besonderheit zu akzeptieren, sie nicht als Handicap zu begreifen, sondern Verständnis für eigene Schwächen und Bedürfnisse aufzubringen – vor allem diese Menschen werden von Parlows Buch profitieren können. Warmherzig, umfassend und sehr persönlich beschreibt der Autor, der sich im Übrigen selbst als hochsensibel einstuft, wie Sie achtsamer mit sich selbst umgehen und den Alltag besser meistern können.
Und hier geht es nicht allein darum, sich bewusst Auszeiten zu ermöglichen, den (Leistungs-)Druck, den man sich selbst auferlegt, kritisch zu hinterfragen. Ziel des Buches ist es auch, die eigenen Grenzen weiter auszudehnen, sich selbst auszuprobieren – nicht nur im beruflichen Bereich, sondern auch privat. Besonders schwierig ist nämlich für viele Hochsensible das Knüpfen und Aufrechterhalten von Beziehungen, die Balance zu halten zwischen den Bedürfnissen des Partners und den eigenen.
Es stört mitunter, dass das Buch zu sehr den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt. Dafür relativiert der Autor zu sehr, etwa die Bedeutung der Einteilungskriterien für hochsensible und nicht hochsensible Menschen. Das Vorhandensein und das Ausmaß der „Symptome“ könnten bei den Betroffenen stark variieren. Nicht immer ist so zu unterscheiden, ob sich die Ausführungen auf stark schüchterne Menschen beziehen, auf Menschen mit Minderwertigkeitsgefühlen oder auf hochsensible Menschen. Bedingen sich die einzelnen Wesensmerkmale, zieht das eine das andere nach sich?
Vielleicht sollte das Buch weniger mit der Absicht gelesen werden, sich selbst eindeutig als HSP (HochSensible Person) oder Nicht-HSP einstufen zu können. Viel wichtiger scheint mir zu sein, in einer schnelllebigen Gesellschaft, in der ein hohes Maß an Flexibilität, Anpassungsvermögen und Leistungsfähigkeit vorausgesetzt wird, die eigenen Belastungsgrenzen, aber auch die der Mitmenschen ernst zu nehmen – und hier kann das Buch, das auch die genetischen Hintergründe der Hochsensibilität erläutert, eine wirkliche Hilfe sein.
Finden Sie den Mut, in einer Welt des Höher, Schneller, Besser nach dem eigenen Rhythmus zu leben. Georg Parlows „Zart Besaitet“ bietet hierfür eine gute Basis. Ein Buch zum Neu- und Wiederentdecken!

Ein für mich hochinteressantes Buch!
Regina, ich hoffe, ich habe es an der richtigen Stelle plaziert, sonst verändere es doch bitte:-)

[ Editiert von Administrator Edeltraud am 28.07.09 6:21 ]

Danke liebe Regina!
Auch dafür,. dass Du den Link eingesetzt hast.
Muß ich noch lernen*s
Dir einen guten Tag
Ela