An das HerzKleines Ding, um uns zu quälen,Hier in diese Brust gelegt!Ach, wer's vorsäh, was er trägt,Würde wünschen, tätst ihm fehlen!Deine Schläge, wie so seltenMischt sich Lust in sie hinein!Und wie augenblicks vergeltenSie ihm jede Lust mit Pein!Ach! und weder Lust noch QualenSind ihm schrecklicher als das:Kalt und fühllos! O ihr Strahlen,Schmelzt es lieber mir zu Glas!Lieben, hassen, fürchten, zittern,Hoffen, zagen bis ins MarkKann das Leben zwar verbittern,Aber ohne sie - wär's Quark!(Jakob Michael Reinhold Lenz)Alle drei Fassungen_____"Das Jahr 1776, in dem Lenz sein Gedicht "an das Herz" - in mehreren Versionen - schrieb und seinem schwierigen Freud Goethe an den Weimarer Hof folgte, war das Schlüsseljahr im Leben des Dichters. Hier begann sein Abstieg in Verzweiflung und Wahnsinn. Das Herz erscheint hier nicht mehr als das Zentralorgan für Empfindungen der Sehnsucht und Leidenschaft, sondern zuvorderst als ein Ort der Qual. Die Lust wird dominiert vom Schmerz - und auch der beschwingte, komische Schluss des Gedichts kann die Omnipräsenz des Schmerzes nicht aufheben."© 2007 Deutschlandradio